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Gemeinde Zürich: JA zur Plakatwerbung – NEIN zum vollständigen Verbot und der Zensur von kommerzieller Werbung im öffentlichen Raum

Verbotsforderung in Kürze

Die Position "GR Nr. 2024_178: Flächenreduktion und Verzicht auf dynamische Reklamen im öffentlichen Raum" wurde von der Fraktion der Alternativen Liste am 17. April eingereicht. 

Der Stadtrat wurde damit beauftragt, dem Gemeinderat eine Änderung der Bauordnung oder eine neue Verordnung vorzulegen, die Reklamen im öffentlichen Raum reguliert. Ziel ist es, fast alle sichtbaren analoge und digitalen Werbeflächen im öffentlichen Raum (auf Strassen und Plätzen, in Trams und Bussen sowie in Bahnhöfen, Shoppingcentern, etc.) in der Stadt Zürich zu verbannen. Einschliesslich Plakate sowie Botschaften auf Bildschirmen. Ausgenommen wären einzig die Beschriftung von Geschäften vor Ort, Informationen der öffentlichen Hand sowie Werbung zum Zwecke der politischen Meinungsfindung. Weitere Ausnahmen bestünden für Werbung für «lokale Veranstaltungen» sowie für «unkommerzielle Angebote» – wobei bei diesen beiden letzteren überhaupt nicht klar ist, wie die Definition für lokal und unkommerziell lautet. Generell würde ein Verbot für alle Bildschirme und damit verbundene Botschaften erlassen, welches alle Kategorien (auch die Ausnahmen!) betrifft. Eine solche Gesetzesänderung hätte weitreichende Konsequenzen: Die aktuell genutzten Werbeflächen und Plakatinfrastrukturen, die von Kunst, Kultur, Wirtschaft und Politik gleichermassen genutzt werden, würden grösstenteils aus dem Stadtbild Zürichs verschwinden. Dies hätte nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen, sondern würde auch die Kunst, Kultur und politische Kommunikation stark beeinträchtigen. Der Zürcher Stadtrat sprach sich am 5. Juni 2024 gegen die Motion aus, ebenso wie der Verband Aussenwerbung Schweiz, welcher eine Ablehnung empfiehlt. Link zum Geschäft

Negativen Folgen eines generellen Verbots von allen sichtbaren Werbeflächen und Screens im öffentlichen Raum der Stadt Zürich

Der Verband Aussenwerbung Schweiz lehnt den Vorstoss in der Stadt Zürich aus den folgenden Gründen vollumfänglich ab.

  1. Zensur in der Stadt Zürich
    In den Augen der Plakatgegner:innen stehen kommerzielle Werbeflächen wie Plakate für Botschaften «von fetten, hubraumstarken, benzinfressenden Personenwagen von Luxusmarken». Die Realität ist eine ganz andere. Die allermeisten kommerziellen Plakatbotschaften kommen aus ganz anderen Ecken und Branchen und fördern den Wettbewerb, Differenzieren Marken und Dienstleistungen, machen bekannt und mobilisieren. Zum Nutze der Konsumentinnen und Konsumenten. Übrigens: Ein Spendenaufruf für einen guten Zweck ist auch eine «kommerzielle» Botschaft und wäre künftig nicht mehr möglich.

    Die Galerie zeigt Beispiele von «kommerziellen» Plakaten (die in der Stadt Zürich aktuell im Aushang sind oder im 2024 waren), welche künftig der Zensur zum Opfer fallen würden.
     

  2. Hindernis für die Entstehung einer umweltbewussten Gesellschaft
    Werbegegner wollen eine Antwort auf den übermässigen Konsum in unserer Gesellschaft geben. Um die Klimanot zu bekämpfen, müssen kurze Kreisläufe, die Kreislaufwirtschaft und Innovationen gefördert (z.B. Elektromobilität, ÖV, Bioprodukte etc.) werden. Werbeverbote betreffen auch solche Kampagnen und verfehlen damit das Ziel. Übrigens: Die Aussenwerbung erreicht Menschen besonders effizient (one-to-many) und hat unter allen Werbemitteln (vergleiche: Flyerversand in alle Haushaltungen der Stadt Zürich) den weitaus kleinsten CO2-Fussabdruck, wie verschiedene Studien beweisen. Die von der Stadt lancierten, interaktiven Stadtpläne (Citymaps) auf digitalen Werbecreens sind beliebt, wie die Nutzungszahlen belegen. Laut Erhebungen werden monatlich rund 5000 Abrufe getätigt (Basis: 2019). 

  3. Unfaire Konkurrenz begünstigt US-Giganten
    Ein Plakat im direkten Umfeld des Geschäftes gibt es im urbanen Zentrum von Zürich bereits ab 350 Franken für zwei Wochen. Die ersten Opfer der Zensur werden folglich lokale KMU und (wohltätige) Organisationen sein, die nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Produkte und Dienstleistungen vor Ort mit Plakaten, notabene das Medium mit dem günstigsten Preis-/Leistungsverhältnis und feiner geolokalisierter Aussteuerungsmöglichkeit, anzupreisen. Für die Aussenwerbebranche ist undiskutabel, dass ein Werbeverbot einseitig das Medium «Plakat» trifft. Die Gewinner werden die GAFAMs (Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft) sein. Jene Internetgiganten und Megakonzerne, die uns ungebremst auf unseren Bildschirmen – äusserst energieintensiv - mit Werbung berieseln. Diese schaffen zwar Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, ja... aber in den USA und nicht in der Schweiz! Werbeverbote werden also genau den unregulierten globalen "Hyperkonsum" fördern, gegen den sie vorgibt anzukämpfen.
     

  4. Täuschung über das Versprechen einer Veränderung der Stadtlandschaft
    Bei kommerziellen Werbeverboten würde das Stadtbild weiterhin von nicht-kommerziellen Plakaten eingenommen werden. Das Recht auf Wirtschafts- und Werbefreiheit besteht weiterhin. Plakate rund um einen Verkaufspunkt sollen weiter erlaubt sein. Dies sowie der fehlende gesetzliche Rahmen könnte zu wilden Plakaten mit einer Fülle von hässlichen Graffitis, beleidigenden und sexistischen Slogans führen. Vandalismus kommt vor: Die vor dem Gesetz strafbare Handlung der Sachbeschädigung von Plakaten wird heute von den Aussenwerbefirmen auf eigene Kosten schnell und diskret bereinigt. Das wäre künftig nicht mehr der Fall. Übrigens hat die Anzahl der bewirtschafteten Plakatstellen auf städtischem Grund seit 2006 um 8% abgenommen. Die von Plakatgegner:innen oft zitierten Städte Grenoble und Sao Paolo sind übrigens keineswegs aussenwerbefrei. Im Gegenteil: Sie verfügen über Plakatierungskonzepte sowie nachweislich über tausende – vor allem digitale – Plakatflächen, die der öffentlichen Hand wichtige Einnahmen bringen. Aktuelle Fotos: siehe unter Einordnung 

  5. Finanzieller Verlust 
    Werbeverbote bedrohen Arbeitsplätze und bedeuten den Verlust von wichtigen Steuereinnahmen. Die Stadt Zürich verdient mit Konzessionseinnahmen von Werbetreibenden für Werbung im öffentlichen Raum 28 Millionen Franken pro Jahr. Von diesen fliessen rund 9,5 Millionen Franken in die Haltestelleninfrastruktur (Bau und Unterhalt), rund 3 Millionen Franken gemäss Leistungsvereinbarung an den ZVV (Einnahmen VBZ), der Rest in die Stadtkasse. Das Inventar der VBZ ist übrigens im Besitz der Plakatanbieter und müsste von der VBZ zurückgekauft werden. Das bedeutet, die VBZ müsste danach entweder die Flächen selber bewirtschaften oder ihre Haltestellen umbauen. Die beiden grössten Anbieter von Aussenwerbung der Schweiz, APG|SGA und Goldbach Neo, bezahlen gemeinsam 1,5 Millionen Franken Steuern in der Stadt Zürich und beschäftigen insgesamt 520 Arbeitnehmende - davon 150 allein in der Stadt Zürich und rund 40% sind niederschwellige Jobs für Quereinsteigende oder Menschen ohne Berufsausbildung. Gemäss dem Dankesschreiben der Stadtpräsidentin Corine Mauch gehört die APG|SGA zu den 100 besten Steuerzahlern der Stadt Zürich. Private Grundeigentümer (dazu zählen beispielsweise Shoppingcenter wie das Sihlcity) vermieten ebenfalls Werbeflächen und bezahlen auf diesen Einnahmen Steuern an die öffentliche Hand.
     

  6. Verlust von Arbeitsplätzen und Mehrkosten für die Plakatbewirtschaftung durch Beamte
    Die Werbebranche ist im Grossarum Zürich besonders präsent. Sie beschäftigt mittel- und unmittelbar rund 6000 Menschen. Darunter Marketingleute, Grafikschaffende, Texter:innen, Drucker:innen und Fotograf:innen, Lehrpersonen in grafischen Fachklassen und Angestellte von Plakatausstellungen in Museen. Die Fraktion der Alternativen Liste in Zürich unterschätzt den Aufwand und die Kosten für die rentable Instandhaltung der Plakatwände und das Bewirtschaften von kulturellen und politischen Plakaten durch Afficheure. Plakatieren ist kein Nebenjob für Beamte, sondern ein Full-Time-Job für Menschen mit guter Konstitution: An Spitzentagen hängt Afficheur Marcel bei jedem Wetter bis zu 200 Plakate (F4) in der Stadt Zürich auf. Wie er beim Arbeiten vorgeht, zeigt eine Reportage auf galaxus.ch anschaulich auf.  
     

  7. Unsere gesunde, soziale Marktwirtschaft und das Recht auf Meinungsbildung wird «abgewürgt»
    Werbung ist ein Teil des Erfolgsmodells der Schweiz. Die Werbung für ein legales Gut, ein Produkt oder eine Dienstleistung ist notwendig und Ausdruck von Arbeit, Innovation und Alleinstellungsmerkmalen. Ohne Werbung ist es für ein Unternehmen schwierig, sich zu entwickeln und zu existieren! Werbung informiert den Konsumenten, der seine Konsumgüter vergleichen oder mit höheren Ansprüchen auswählen kann (biologisch abbaubare Materialien, lokale Herstellung, Produkte mit geringem Verbrauch usw.). Um schliesslich eine Marke zu verbessern und ein Unternehmen dazu zu bewegen, in Forschung und Entwicklung zu investieren, muss man die Möglichkeit geben, ein neues oder innovatives Produkt bekannt zu machen. Die Plakatwerbung als Motor einer gesunden Wirtschaft spielt daher eine entscheidende Rolle.
     

  8. Eine moralisierende Sichtweise, die die Bevölkerung infantilisiert
    Mit kompromissloser Haltung, Moralisierung und Zensur beurteilen Werbegegner die Bürgerinnen und Bürger als urteilsunfähige Wesen. Werbegegner:innen gehen davon aus, dass Zürcherinnen und Zürcher sowie die Gäste der Stadt nicht in der Lage sind, ihre Konsumentscheidungen im Griff zu haben, und dass es Aufgabe des Staates ist, sie zu bevormunden und zu mehr Nachhaltigkeit zu erziehen. 
     

  9. Eine inkohärente und willkürliche Regelung
    Zu dem absoluten Werbeverbot macht der politische Vorstoss kaum Ausnahmen. Erlaubt bleibt einzig der Aushang und die Beschriftung von Geschäften vor Ort, Werbung für lokale Veranstaltungen, für unkommerzielle Angebote oder zum Zwecke der politischen Meinungsfindung, sowie die Informationen der öffentlichen Hand. Reklamebildschirme sowie Reklamen mit dynamischem Inhalt sind in keinem Falle zulässig. Aber wie wird definiert, was unkommerziell ist? Darf mit dieser Regelung Netflix Werbung für einen Dokumentarfilm machen? Ist Werbung für den ZSC oder für die Frauenfussball-EM nächstes Jahr nun Kultur oder Kommerz? Ist es dem, Opernhaus noch erlaubt, Plakate für den Opernball (mit Dinnertickets zu 950 Franken) als Kultur auszuhängen? Darf man für Veranstaltungen mit kommerziellem Absatz - wie Handwerkermarkt, Stadtführungen, Vernissagen noch werben? Die Regelung ist willkürlich, zumal kommerzielle Aussenwerbung für Geschäfte in der Stadt erlaubt bleibt, was ein unfairer Standortvorteil für finanziell gut gestellte Unternehmen bedeutet, welche sich die überhöhten Mieten in der City leisten können. 

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